Die Wahrheit über Kreatin

Die Wahrheit über Kreatin

Über Kreatin gibt es tausende Geschichten wie jeder Sportler und auch Trainer weiß. Was aber stimmt wirklich? Muskelprotze heben Kreatin in den Himmel, weil die Mukis so schön prall werden. Leistungssportler hingegen klagen wegen vermehrten Krämpfen und einem erhöhten Verletzungsrisiko. Eins gleich vorne weg: Kreatin gehört zu den bestuntersuchten Supplementen in der Sportlerszene. Die International Society of Sports Nutrition (ISSN) hat hierzu 2018 eine Stellungnahme veröffentlicht. Berücksichtigt wurden darin sage und schreibe 269 Studien. Allerhöchste Zeit also, um der Wahrheit ins Gesicht zu blicken.

Schnellzünder: ab in die Zelle!

Ein paar Grundinformationen in Kürze: Kreatin (Cr) spielt in unserem Energiesystem eine tragende Rolle. Der wasserlösliche Stoff setzt sich aus den Aminosäuren Glycin, Arginin und Methionin zusammen und befindet sich zu 90% in unseren Skelettmuskeln. Möchte man Kreatin über die Nahrung aufnehmen, kann man auf (getrockneten) Fisch sowie (getrocknetes) Fleisch zurückgreifen. Denn diese weisen die höchsten Mengen von Kreatin auf. Intrazellulär bindet sich Kreatin mit freiem Phosphat (P) zu Kreatinphosphat (PCr). Wenn man sich jedoch einer körperlichen Belastung aussetzt, spaltet sich das Kreatinphosphat wieder zu Kreatin und Phosphat, wodurch das frei gewordene Phosphat ADP zu ATP regeneriert. Dieser Vorgang wird über das Enzym Kreatinkinase (CK) gesteuert.

 

Kreatinspeicher im Körper

Unsere Energiewährung ATP (Adenosintriphosphat) wird dadurch in kürzester Zeit wieder aufgetankt. Insbesondere bei anaerob-alaktaziden, sprich maximal- bzw- sprintähnlichen Belastungsformen spielt die ATP-Verfügbarkeit durch Kreatinphosphat eine führende Rolle. Diese wirkt jedoch nur für eine kurze Zeit. Denn die Kreatinspeicher in unserem Körper sind stark begrenzt. Im Durchschnitt befinden sich in magerer Muskelmasse etwa 120mmol/kg.

Vegetarier aufgepasst

Kreatin stammt zur Hälfte aus der Ernährung (u.a. Fleisch und Fisch) und die andere Hälfte synthetisieren wir selbst in unserer Niere, Leber und Bauchspeicheldrüse, daher die Warnung an die Vegetarier, denn diese haben somit zwangsläufig einen niedrigeren Kreatinspeicher (ca. 90-110mmol/kg). Durch eine gezielte Supplementierung kann dieser Speicher allerdings bis zu 160mmol/kg gefüllt werden.

Positivliste: Die glorreichen 7!

Ein erhöhter Kreatinspiegel im Muskel bedeutet gleichzeitig auch erhöhte Wassereinlagerungen. Werden also dadurch die Mukis zu prall? Oder führt Kreatin auch zu einem Muskelhypertrophie? Indirekt kann Kreatin tatsächlich zu einem Wachstum beitragen, denn durch die erhöhte Energieversorgung in kurzen Belastungssituationen von maximal 10 Sekunden, kann der Sportler im Training mehr Einheiten umsetzen, was schlussendlich und logischerweise wieder zu höheren Anpassungserscheinungen führt. OK, dies sind nicht wirklich neue Erkenntnisse für den wissenschaftlich interessierten Trainer oder Coach. In der aktuellen Erklärung der ISSN sind allerdings brandneue Effekte von Kreatin zu entdecken. Dazu zählen:

  1. Bessere Regeneration

    Studien belegen – durch die Supplementierung von Kreatin füllt sich unser Glykogenspeicher wieder schneller auf. Dies vor allem nach ausgiebigen und intensiven Trainingseinheiten. Auch in Trainingslagern mit sehr hohen Belastungsumfängen wurde mit einer Supplementation hervorragende Verbesserungen erreicht.

  2. Weniger Muskelschädigungen

    Laut Studien werden Schädigungsmarker (z.B. Plasma-CK) mit einer Kreatinsupplementation sowohl nach einem sehr anspruchsvollen Training als auch nach 30 km-Läufen deutlich geringer.

  3. Krampf- und Verletzungsvorbeugung

    In Studien stellte sich heraus, dass jeder Sportler, welcher sich einer Kreatin-Supplementation unterzog, weniger Verletzungen erlitten als Sportler in der Kontrollgruppe. Auch die Zahl der Krämpfe ging erheblich zurück.

  4. Höhere Hitzeimmunität

    Die höhere Wassereinlagerung im Muskel (ca. 0,5-1l) führt dazu, dass die Thermoregulation unter Hitzebedingungen deutlich besser läuft. Dieser Effekt kann wiederum zu einer verbesserten Leistung beitragen.

  5. Schnellere Rehabilitation nach Verletzungen

    Durch eine Kreatin-supplementation bleibt der GLUT4-Gehalt in der Muskulatur automatisch auf einem höheren Niveau (GLUT4 transportiert Zucker in die Zielzellen). Dadurch wird die Verringerung der Muskelmasse gehemmt.

  6. Neuronale Protektion

    Bei Wirbelsäulenverletzungen konnte durch eine Zuführung von Kreatin eine optimierte Bewegungsreichweite sowie ein dezimiertes Narbengewebe festgestellt werden. Somit steuert Kreatin nachweislich auch die mitochondriale Energieversorgung von Nervenzellen.

  7. Anti Aging

    Mit Kreatin können viele altersbedingte degenerative Prozesse reduziert werden. Unter anderem: erhöhte Cholesterin- und Triglyceridwerte, Abbau von Kraft und Muskelmasse sowie eine vermehrte Fettbildung in und an der Leber.

Regelmäßige Kreatinsupplementierung

Anhand dieser genialen Effekten werden die Augen der Schnellkraftsportler jetzt glänzen. Und im Kopf werden lediglich zwei Worte aufblinken: regelmäßige Kreatinsupplementierung! An dieser Stelle sei jedoch nochmals gesagt: unsere Speicherkapazität ist und bleibt begrenzt und 50% Kreatin stellt unser Organismus sowieso selbst her. Allein diese Argumente sprechen schon gegen eine ungeplante Supplementierung nach dem Motto: „Viel hilft viel.“

Dazu kommt noch, dass die restlichen 50% – auch wenn der Bedarf erhöht sein sollte – auch über die Nahrung (Fisch und Fleisch) abgedeckt werden kann. Bei Veganern ist das ein anderer Fall: Denn bei Fleisch- und Fischverzicht könnte eine Supplementierung durchaus Sinn machen.

Hilft’s nicht – schadet’s nicht

Wichtig ist immer auch zu wissen, was passiert denn auf lange Sicht? Dazu gibt es Studien, welche folgendes belegen: eine Supplementierung über 5 Jahre, von 30g Kreatin pro Tag, bringt keinerlei negativen Effekte. Dieser Fakt führt uns zu folgender Schlussfrage: Wenn ich Kreatin supplementieren möchte, welches Produkt sollte ich dann wie verwenden? Hierzu gibt es von Seiten der ISSN eine klare Empfehlung: Kreatin-Monohydrat. Dies, weil es in Studien die besten Effekte zeigte und insgesamt am besten untersucht wurde.

Das „was“ wäre also geklärt, jetzt noch das „wie“: Am besten bewährt sich in den ersten 5-7 Tagen eine kleine Dosis von ca. 0,3g pro Körpergewicht, ab dem 8. Tag können 3-5g pro Tag zugeführt werden. Mit dieser Dosierung kann der Sportler nicht nur seine Kreatinspeicher aufpolieren, sondern auch auf einem hohen Level halten.

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